Liebe ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer,
mit Spannung wird erwartet, was das Bundesverfassungsgericht zu der Frage sagen wird, ob eine medizinische Zwangsbehandlung unbedingt in einem Krankenhaus stattfinden muss. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Am 16.07.2024 fand die Verhandlung über diesen extrem sensiblen Bereich des Erwachsenenschutzes statt. Eine Entscheidung wird jedoch erst in einigen Wochen erwartet. Ich werde Sie dann auf jeden Fall informieren, schließlich hat diese Entscheidung Folgen für das Betreuungswesen.
Bis dahin haben wir in der Rubrik Rechtsprechung Zeit, uns mit anderen wichtigen Fragen zu beschäftigen. Wie verhält es sich zum Beispiel, wenn der Heimplatz nicht bezahlt wird? Kann dann eine Zwangsräumung durchgesetzt werden? Noch spannender wird das, wenn eine gesetzliche Betreuung vorliegt und der Betreuerin oder dem Betreuer ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist.
Herzliche Grüße
Ihr Christoph Überschär
Aktuelle Rechtsprechung
Ist eine Zwangsräumung im Pflegeheim wegen Zahlungsverzug rechtens?
Allerdings, sagte das Landgericht Lübeck und stimmte damit der Entscheidung zur Zwangsräumung zu. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit um die volle Zahlung des Pflegegelds. Der Frau ist das Fehlverhalten Ihres Betreuers zuzurechnen, der es versäumt hat, rechtzeitig und in voller Höhe zu bezahlen.
Landgericht Lübeck, Urteil vom 25.04.2024, Az. 5 O 197/23
Das ist passiert
Zwischen der betroffenen Bewohnerin und dem Heim wurde im Jahr 2020 ein Pflegevertrag geschlossen. Seitdem bewohnte die Frau ein Zimmer in dem Pflegeheim. Monatlich sollte die Frau rund 1.800 Euro bezahlen.
Diese Leistungsentgelte wurden aber nicht in voller Höhe beglichen – bereits 2021 lag ein Zahlungsdefizit von rund 6.500 Euro vor. Die mangelnde Zahlungsmoral setzte sich fort, und im Jahr 2023 wurde die Betroffene dreimal gemahnt, die Zahlungen zu leisten. Mittlerweile belief sich der Zahlungsrückstand auf etwa 12.000 Euro. Die Heimbetreiberin kündigte den Heimvertrag wegen des Zahlungsverzugs. Mit Klage vom 18.08.2023 macht die Heimbetreiberin einen Anspruch auf Räumung geltend und sprach vorsorglich erneut die außerordentliche fristlose Kündigung aus.
Zwischenzeitlich bezahlte die Frau immer wieder Teile der Rückstände, aber nicht in ausreichender Höhe. Letzten Endes belief sich der Schuldenstand auf rund 35.000 Euro.
Die beklagte Heimbewohnerin hat einen gesetzlichen Betreuer.
Darum geht es
Das Landgericht muss darüber entscheiden, ob die Kündigung des Heimvertrags rechtmäßig ist.
Die Entscheidung
Die Kündigung ist rechtmäßig. Die Heimbetreiberin hat gemäß § 985 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Anspruch auf Herausgabe des Zimmers, denn sie hat den Heimvertrag wirksam wegen des Zahlungsverzugs gekündigt. Die Bewohnerin hat aufgrund der wirksamen Kündigung des Heimvertrags im Hinblick auf das von ihr bewohnte Zimmer kein Besitzrecht und ist zur Herausgabe verpflichtet. Die Zahlungen, die im Laufe der Zeit aufgrund von Mahnungen erfolgten, glichen nur zu einem geringfügigen Teil die Rückstände aus und lassen den Kündigungsgrund nicht entfallen, zumal neben den erheblichen Rückständen auch die Übernahme der laufenden Kosten für das Pflegeheim nach wie vor ungeklärt ist.
Die Gewährung einer Räumungsfrist gemäß § 721 Zivilprozessordnung (ZPO) kommt nicht in Betracht. Eine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO kann auf Antrag oder von Amts wegen gewährt werden, wenn auf Räumung von Wohnraum erkannt wird. Eine Bewilligung ist grundsätzlich auch bei einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen möglich. Dabei sind allerdings die Interessen der Parteien gegeneinander abzuwägen.
Dies führt im Ergebnis dazu, dass keine Räumungsfrist zu bewilligen ist. Ein Umzug wäre für die Heimbewohnerin aufgrund des Alters mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden. Die Frage, ob eine Räumung aus gesundheitlichen Gründen möglicherweise nicht möglich ist, würde allerdings nur das Vollstreckungsverfahren betreffen. Bei der Abwägung ist auf der anderen Seite zu berücksichtigen, dass der Heimvertrag im Jahr 2020 abgeschlossen wurde und die Bewohnerin bereits seit 2021 das Leistungsentgelt nicht so gezahlt hat, wie es gemäß Heimvertrag vereinbart worden ist.
Die hohen Rückstände stellen eine erhebliche wirtschaftliche Belastung für die Heimbetreiberin dar, wodurch mittelbar auch die übrigen Heimbewohner betroffen sind. Spätestens mit dem Zugang der Kündigung im Februar 2023 bestand außerdem eine Verpflichtung, Bemühungen zur Beschaffung von Ersatzwohnraum zu unternehmen. Das Gericht hat dabei gesehen, dass die Bewohnerin aufgrund des hohen Lebensalters nicht mehr in der Lage sein dürfte, sich selbst um alle Angelegenheiten zu kümmern. Sie hat allerdings einen gesetzlichen Betreuer, der für die Sicherung der Zahlung und die Suche nach einer Ersatzunterkunft hätte sorgen müssen. Diese Obliegenheitsverletzung des Betreuers muss der Bewohnerin zugerechnet werden. Es ergibt sich auch keine Entlastung für den Betreuer aufgrund einer Long-Covid-Erkrankung, die er als Grund angab, sich nicht um die Angelegenheiten der Beklagten kümmern zu können. Der Betreuer hätte die rechtliche Betreuung unter diesen Umständen abgegeben und die Bestellung eines anderen Betreuers veranlassen müssen.
Der Betreuer hat erst am 21.02.2024 einen Antrag auf Übernahme von Mietrückständen bei der Stadt Lübeck gestellt, obwohl die Rückstände bereits seit 2021 bekannt und mehrfach angemahnt worden sind. Darüber hinaus geht es im vorliegenden Fall nicht um Mietrückstände, sondern um das nicht bezahlte Leistungsentgelt für ein Pflegeheim.
Das bedeutet die Entscheidung für die Praxis
Ganz klar entscheidet das Gericht hier für die Heimbetreiberin und macht damit deutlich, dass Betreuerinnen und Betreuer in der Pflicht stehen, die Angelegenheiten, für die sie bestellt sind, auch zuverlässig zu regeln.
Es bleibt abzuwarten, ob die Zwangsräumung auch vollstreckt wird und die Bewohnerin tatsächlich ausziehen muss. Die Räumung muss gesundheitlich zumutbar sein. Das ist jedoch keine Frage des zivilen Rechtsstreits über die Heimkosten, sondern wird erst dann eine Rolle spielen, wenn die Räumung tatsächlich vollstreckt wird. In der Begründung zu der Entscheidung spricht das Landgericht Lübeck diese Problematik an.
Quelle: Landgericht Lübeck, Urteil vom 25.04.2024, Az. 5 O 197/23
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Veranstaltungen
Vortrag: Das Erbrecht und seine Tücken
Sie erfahren vieles über die Fallstricke und Besonderheiten des Erbrechts. Sicherlich bietet sich auch die Gelegenheit, persönliche Fragen zu stellen.
Referent: Robin Collenburg, Notar mit Amtssitz in Idar-Oberstein
Termin: 05.11.2024, 18:00–20:00 Uhr
Ort: Multifunktionsraum der Stadtbibliothek Idar-Oberstein, Hauptstraße 373a/Zugang Austraße, 55743 Idar-Oberstein
Bitte melden Sie sich zu der Veranstaltung per Telefon unter 06781 667421 oder per E-Mail unter betreuungsverein@awo-birkenfeld.de an.
Aufbaukurs: Rechtliche Betreuung
Das Angebot des Aufbaukurses richtet sich an ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer und Interessierte, die bereits an einem Grundkurs „Rechtliche Betreuung“ teilgenommen haben. Durch den Grundkurs wurden Basisqualifikationen vermittelt. Im Aufbaukurs sollen darauf aufbauend Ihre bereits erworbenen Kenntnisse und Ihre persönlichen, durch die Führung der Betreuung gewonnenen Erfahrungen vertieft werden.
Der Aufbaukurs „Rechtliche Betreuung“ umfasst drei Module. Bei Teilnahme an mindestens zwei Modulen erhalten Sie eine Teilnahmebescheinigung.
Modul 2: Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte
Referentinnen: Sarah Zinkgraf, Rechtspflegerin am Amtsgericht Idar-Oberstein, Karl-Heinz Bußmann,
Rechtspfleger am Amtsgericht Idar-Oberstein
Termin: Dienstag, 24.09.2024, 18:00–20:00 Uhr
Ort: Multifunktionsraum der Stadtbibliothek Idar-Oberstein, Hauptstraße 373a/
Zugang Austraße, 55743 Idar-Oberstein
Modul 3: Pflegeleistungen 2024
Referentinnen: Stephanie Becker und Annette Reinhardt, Pflegestützpunkt Idar-Oberstein
Termin: Dienstag, 01.10.2024, 18:00–20:00 Uhr
Ort: Multifunktionsraum der Stadtbibliothek Idar-Oberstein, Hauptstraße 373a/
Zugang Austraße, 55743 Idar-Oberstein
Bitte melden Sie sich zu der Veranstaltung per Telefon 06781 667421 oder per E-Mail unter betreuungsverein@awo-birkenfeld.de an.
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Seit 01.07.2024: Neu geschaffene Ombudsstelle für Pflege in Rheinland-Pfalz
Seit Juli ist Sven Lefkowitz als Ombudsperson für die Pflege beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung tätig. Diese Ombudsstelle ist in Rheinland-Pfalz neu geschaffen worden.
Kleine und größere Konflikte sind in der Pflege nicht selten. Bei eventuell auftretenden Problemen ist den beteiligten Personen oft nicht klar, an wen sie sich wenden können.
Deshalb wurde die neue Ombudsstelle geschaffen, die als zentraler Anlaufpunkt bei Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten zwischen den Einrichtungen der Pflege und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern dient.
Das ist ein niedrigschwelliges Angebot, das sich an alle Bewohnerinnen und Bewohner, deren Bevollmächtigte und Betreuer und Betreuerinnen sowie an Angehörige richtet. Die Ombudsperson ist unparteiisch, unabhängig und unterstützt bei Unstimmigkeiten und Konflikten zwischen den Betroffenen und den Einrichtungen. Sie hilft bei der Suche nach fairen und gütlichen Lösungen oder unterstützt bei der Verbesserung der Kommunikation zwischen den Beteiligten. Ziel ist immer, dass alle Beteiligten gemeinsam eine Lösung entwickeln.
Die Ombudsperson darf erst dann tätig werden, wenn sie von den betroffenen Bewohnerinnen oder Bewohnern bzw. deren Bevollmächtigten oder Betreuern und Betreuerinnen beauftragt wurde. Ratsuchende können einfach Kontakt mit dem Ombudsmann aufnehmen, um ihr Anliegen zu besprechen. Danach wird gemeinsam entschieden, wie das weitere Vorgehen gestaltet wird.
Nicht zuständig ist die Ombudsstelle bei Verfahren, die bereits bei einem ordentlichen Gericht anhängig sind, bei privatrechtlichen Auseinandersetzungen oder wenn eine andere Behörde für die Angelegenheit zuständig ist. Der Ombudsmann bietet keine Rechtsberatung an.
Das sind die Kontaktdaten Ihrer Ombudsperson Sven Lefkowitz:
Telefon: 06131 967295
Telefax: 06131 96712295
E-Mail: Ombudsstelle@lsjv.rlp.de
Postanschrift: Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, 56065 Koblenz
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Veranstaltungen
Stammtisch für Betreuerinnen und Betreuer
Treffen Sie sich mit anderen Betreuungspersonen und Bevollmächtigten sowie den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern der Betreuungsvereine, tauschen Sie sich in ungezwungener Atmosphäre aus und profitieren Sie von den Erfahrungen anderer für Ihre Arbeit.
Von anderen hören und lernen, Erlebtes teilen und eine gute Zeit gemeinsam verbringen – unser Stammtisch findet in der Regel an jedem ersten Donnerstag im Monat statt.
Termin: Jeweils am Donnerstag, 10.10.; 07.11., 05.12.2024, 18:00–20:00 Uhr
Ort: Achathotel Zum Schwan, Hauptstraße 25, 55743 Idar-Oberstein
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Außensprechstunden in Birkenfeld
Termine: Donnerstag, 26.09., 24.10., 28.11., 19.12.2024, 14:00–16:00 Uhr
Ort: Alte Schule, Am Kirchplatz 13, 55765 Birkenfeld
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Außensprechstunden in Baumholder
Termine: Mittwoch, 25.09., 23.10., 27.11., 18.12.2024, 14:00–16:00 Uhr
Ort: Altes Rathaus, Hauptstraße 10, 55774 Baumholder
Bitte melden Sie sich zu den Außensprechstunden immer per Telefon unter 06781 667421 oder per E-Mail unter betreuungsverein@awo-birkenfeld.de an.
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Hätten Sie es gewusst?
Wann darf eine gesetzliche Betreuung nur eingerichtet werden?
Eine gesetzliche Betreuung darf nur dann eingerichtet werden, wenn sie nach § 1814 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erforderlich ist. In diesem Abschnitt nennt das Gesetz auch Umstände, unter denen eine Betreuung nicht erforderlich ist:
In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2023 (Az. XII ZB 222/23) hat das Gericht unter anderem festgestellt, dass die Bestellung einer betreuenden Person unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit notwendig sein muss, weil der oder die Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen. Die Erforderlichkeit einer Betreuung kann sich dabei nicht allein aus der subjektiven Unfähigkeit des oder der Betroffenen ergeben, seine oder ihre Angelegenheiten selbst zu regeln (Betreuungsbedürftigkeit). Hinzukommen muss ein konkreter Bedarf für die Bestellung einer gesetzlichen Betreuung. Ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten gegenwärtigen Lebenssituation des oder der Betroffenen zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn ein Handlungsbedarf in dem betreffenden Aufgabenkreis jederzeit auftreten kann.
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Über Lob freuen wir uns, Kritik nehmen wir ernst!
AWO-Betreuungsverein für den Kreis Birkenfeld e.V.
Hauptstraße 531–533
55743 Idar-Oberstein
betreuungsverein@awo-birkenfeld.de
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