Newsletter 02/2024

Liebe ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer,

in Deutschland werden im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nur wenig Organe nach dem Tod gespendet. 2022 gab es bundesweit nur 869 Organspenderinnen und Organspender. Das entspricht 10,3 Organspenderinnen und -spender je eine Million Einwohner.

In Europa führt Spanien regelmäßig die Statistiken zur Organspende an. 2022 kamen dort auf eine Million Einwohner 46 Organspenderinnen und Organspender. Vermutlich liegt das an der dort geltenden Widerspruchslösung. Sie gilt unter anderem in Frankreich, Irland, Italien, Österreich und Spanien und in 12 weiteren europäischen Ländern. Eine Zustimmung zur Organspende nach dem Tod gilt als erteilt, wenn die Person sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat.

Dagegen gilt in Deutschland derzeit die sogenannte Entscheidungslösung, wobei der Staat auf eine Entscheidung hinarbeitet, die jeder und jede für eine Organspende treffen muss. Offensichtlich gelingt dies nicht optimal. Doch bald kann im Parlament von den Abgeordneten ein neuer Antrag für die Widerspruchslösung gestellt werden, was auch diskutiert wird.

Etwa 8.496 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Sollten Sie sich für eine Spende entscheiden, steht Ihnen nun das neue Organspende-Register zur Verfügung, damit Ihre Erklärung im Ernstfall auch gefunden wird.

Herzliche Grüße

Ihr Christoph Überschär

Aktuelle Rechtsprechung

Warum der freie Wille bei der persönlichen Ablehnung einer betreuenden Person respektiert werden muss

Wenn die Entscheidung einer Betroffenen gegen die Bestellung eines anderen als der von ihr gewünschten betreuenden Person auf einer freien Willensbildung beruht, dann muss diese Entscheidung respektiert werden. Das gilt auch dann, wenn die Fortführung der bestehenden Betreuung für die Betroffene objektiv vorteilhaft wäre. In einem solchen Fall ist trotz der Betreuungsbedürftigkeit die Einrichtung oder Erweiterung der Betreuung ausgeschlossen, entschied der Bundesgerichtshof.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2024, Az. XII ZB 217/23

Das ist passiert

Die fast 40-jährige betroffene Frau leidet am Asperger-Syndrom. Deshalb ist für sie seit dem Jahr 2014 eine rechtliche Betreuung mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialversicherungsträgern, Wohnungsangelegenheiten sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten von Post eingerichtet und ein Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge angeordnet. Der für sie bestellte Berufsbetreuer ist in dem Verfahren auch Beteiligter.

Der Betreuer hatte im September 2022 die Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung um den Aufgabenbereich der Gesundheitssorge angeregt. Grund hierfür war die Verweigerung der Frau in einem sozialgerichtlichen Verfahren zur Durchsetzung ihrer Aufnahme in die Familienversicherung, ihre Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden – ihre Mutter riet ihr davon ab. Das sozialgerichtliche Verfahren kam daraufhin zum Stillstand, und das Sozialamt stellte die bisher geleisteten Beitragszahlungen in die Krankenkasse wegen fehlender Mitwirkung der Betroffenen ein.

Das Amtsgericht hat den Aufgabenkreis der eingerichteten Betreuung um den Aufgabenbereich der Gesundheitssorge erweitert und diesen Aufgabenbereich dem bisherigen Betreuer übertragen. Die dagegen von der Mutter der Betroffenen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich sowohl Tochter als auch Mutter mit ihren Rechtsbeschwerden. Die Frau wollte in diesem Aufgabenkreis lieber von ihrer Mutter vertreten werden.

Darum geht es

Der Bundesgerichtshof musste entscheiden, ob die Rechtsbeschwerden der Betroffenen und ihrer Mutter erfolgreich sind und die angefochtene Entscheidung des Landgerichts aufgehoben werden muss.

Die Entscheidung

Die Rechtsbeschwerden haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Das Landgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nach § 1814 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Betreuer gegen den freien Willen eines Volljährigen nicht bestellt werden darf, aber es verkennt den Umfang dieses freien Willens.

Die Tochter hat sich bereits vor dem Amtsgericht damit einverstanden erklärt, dass der Aufgabenkreis um die Gesundheitssorge erweitert wird. Sie hat aber gleichzeitig zu verstehen gegeben, dass sie mit der Betreuung durch den bisherigen gesetzlichen Betreuer unzufrieden ist und daher nicht mit dessen Bestellung für die Gesundheitssorge einverstanden sei. Weiter hat sie mitgeteilt, dass sie ihre gesundheitlichen Angelegenheiten gemeinsam mit ihrer Mutter, der sie eine diesbezügliche Vollmacht erteilt habe, regeln wolle und sich diese für den Fall einer Erweiterung der Betreuung um den Bereich der Gesundheitssorge als Betreuerin wünsche. Sie hat damit die Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung um den Bereich der Gesundheitssorge an die Bedingung geknüpft, dass ihre Mutter als Betreuerin bestellt wird.

Das Landgericht hat verkannt, dass in einem solchen Fall die Erweiterung der Betreuung mit einer anderen als der gewünschten betreuenden Person dem nach § 1814 Abs. 2 BGB beachtlichen freien Willen des oder der Betroffenen widerspricht. Beruht nämlich die Entscheidung des oder der Betroffenen gegen die Bestellung eines anderen als der von ihm oder ihr gewünschten betreuenden Person auf einer freien Willensbildung, muss diese Entscheidung auch dann respektiert werden, wenn die Fortführung der bestehenden Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre. Dass der Berufsbetreuer objektiv die Betreuung sachgerechter führen kann, muss angesichts des Wunsches der Betroffenen, lieber von ihrer Mutter in der Gesundheitssorge vertreten zu werden, zurückstehen.

Das bedeutet die Entscheidung für die Praxis

In dem Fall, dass der oder die Betroffene also auf eine bestimmte Betreuungsperson besteht, ist trotz Betreuungsbedürftigkeit und fortbestehendem Betreuungsbedarf die Einrichtung oder Erweiterung der Betreuung ausgeschlossen. Der freie Wille bezieht sich also nicht nur auf das „ob“ einer gesetzlichen Betreuung, sondern auch auf das „wie“. In jedem Fall wird aufgrund der Entscheidung deutlich, welcher hohe Stellenwert dem freien Willen beigemessen wird.

                                                                               Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2024, Az. XII ZB 217/23

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Veranstaltungen

Grundkurs: Rechtliche Betreuung

Wenn Sie eine rechtliche Betreuung übernehmen oder schon etwas länger dabei sind, haben Sie vermutlich viele Fragen. In unserem Grundkurs werden diese beantwortet, und Sie übernehmen Ihr Ehrenamt bestens vorbereitet.

Der Grundkurs umfasst fünf Module. Bei Teilnahme an mindestens vier Modulen erhalten Sie eine Teilnahmeurkunde. Sämtliche Termine finden im Sitzungssaal der Kreisverwaltung Birkenfeld, Schneewiesenstraße 25, 55765 Birkenfeld, statt.

Modul 1: Einführung in die rechtliche Betreuung

Grundbegriffe des Betreuungsrechts, Betreuungsbehörde und deren Aufgaben, Vorsorgeverfügungen

Referentinnen: Nicole Janßen-Knöß, Simone Zimmer, Betreuungsbehörde Kreisverwaltung Birkenfeld
Termin:               Mittwoch, 12.06.2024, 18:00–20:00 Uhr

Modul 2: Aufgabenkreise einer rechtlichen Betreuerin oder eines Betreuers

Aufgabenbereiche allgemein, Vermögenssorge

Referent:            Christoph Überschär, AWO Betreuungsverein für den Kreis Birkenfeld e. V.
Termin:               Mittwoch, 19.06.2024, 18:00–20:00 Uhr

Modul 3: Aufgabenbereich Gesundheitssorge

Gesundheitssorge und Unterbringung

Referentin:        Ute Gutendorf, Betreuungsverein Caritasverband Rhein-Hunsrück-Nahe e. V.
Termin:               Mittwoch, 26.06.2024, 18:00–20:00 Uhr

Modul 4: Krankheitsbilder und Behinderungen

Geistige und körperliche Behinderungen, psychische Erkrankungen

Referent:            Dr. med. Martin Michael, Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und öffentliches
                               Gesundheitswesen
Termin:               Mittwoch, 03.07.2024, 18:00–20:00 Uhr

Modul 5: Rechtliche Pflichten von Betreuerinnen und Betreuern

Anfangsbericht, die Rolle von Betreuerinnen und Betreuern, Aufwandspauschale, Versicherung

Referenten:      Simon Wölbitsch, Betreuungsverein Perspektive plus e. V,
Christoph Überschär, AWO Betreuungsverein für den Kreis Birkenfeld e. V.

Termin:               Mittwoch, 10.07.2024, 18:00–20:00 Uhr

Bitte melden Sie sich zu der Veranstaltung per Telefon unter 06781 667421 oder per E-Mail unter betreuungsverein@awo-birkenfeld.de an.

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News

Was das neue Organspende-Register für Sie tun kann

Seit März ist das neue Organspende-Register online. Wie funktioniert es und welche Vorteile bringt es Ihnen?

Leider wird im Ernstfall der Organspendeausweis nicht immer rechtzeitig gefunden. Deshalb ist es sinnvoll, Erklärungen zur Organspende zentral zu registrieren.

Das Organspende-Register startet in Stufen: Jetzt ist es möglich, dass Sie Ihre Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register hinterlegen können. Ab Juli 2024 sollen alle Entnahmekrankenhäuser vollständig an das Register angeschlossen sein, sodass Sie Erklärungen abrufen können. Mit der Anbindung der behördlich zugelassenen Gewebeeinrichtungen zum 01.01.2025 geht der Betrieb des Registers dann in eine weitere Stufe.

So geht das Verfahren

Sind Sie über 16 Jahre alt, dann können Sie Ihre Erklärung zur Organspende auf drei Wegen erklären.

Über Ihr Smartphone, Ihren PC oder demnächst über die App Ihrer Krankenkasse. Für die Verfahren benötigen Sie im Einzelnen:

  • Für die Abgabe über Ihr Smartphone
    • Personalausweis, elektronischer Aufenthaltstitel oder eID-Karte für Bürgerinnen und Bürger der EU und des EWR
    • Krankenversichertennummer
    • E-Mail-Adresse
    • Smartphone mit installierter Ausweis-App
  • Für die Abgabe über den Computer:
    • Personalausweis, elektronischer Aufenthaltstitel oder eID-Karte
    • Krankenversichertennummer
    • E-Mail-Adresse
    • Smartphone und PC jeweils mit Ausweis-App oder PC mit Ausweis-App und einem zur App kompatiblem Kartenlesegerät

Um Ihre Erklärung über die App Ihrer Krankenkasse abzugeben, benötigen Sie Folgendes:

  • Elektronische Gesundheitskarte oder eines der o. g. Ausweisdokumente
  • NFC-fähiges Smartphone/Tablet mit installierter Authentifizierungs-App der Krankenkasse
  • Die digitale Identität (GesundheitsID) ist bei der Krankenkasse eingerichtet

Seit Januar 2024 sind Krankenkassen gesetzlich dazu verpflichtet, ihren Versicherten auf Wunsch digitale Identitäten – sogenannte GesundheitsID – zur Verfügung zu stellen. Digitale Identitäten ermöglichen es Versicherten, sich künftig über ihr Smartphone in Apps wie das E-Rezept, die elektronische Patientenakte oder dem Organspende-Register einzuloggen. Fragen zur Einrichtung der digitalen Identität (GesundheitsID) kann Ihnen Ihre Krankenkasse beantworten.

Was Sie zusätzlich tun sollten

Um sicherzustellen, dass Ihr Wille im Ernstfall auch während dieses Übergangszeitraums verlässlich berücksichtigt wird, sollten Sie Ihre persönliche Entscheidung zur Organ- und Gewebespende zusätzlich schriftlich (etwa in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung) festlegen.

Weitere Informationen finden Sie unter diesem Link. Einen Organspendeausweis können Sie hier beantragen.

Quelle: www.organspende-register.de

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Gesetzgebung

Neuer Gesetzentwurf: Einsichtnahme in die Patientenakte soll neu geregelt werden

Der Anspruch auf Einsichtnahme in die Patientenakte soll anlässlich eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) teilweise neu geregelt werden. Insbesondere soll im Gesetz klargestellt werden, dass die erste Abschrift der Patientenakte unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden muss. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesministerium der Justiz im Mai veröffentlicht hat. Der Gesetzentwurf schlägt daneben auch eine Änderung des Erbrechts vor. Im Gesetz soll klargestellt werden, dass die Erbschaft auch einen Anspruch des Erblassers auf Entschädigung in Geld wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung umfasst.

Der Anspruch von Patientinnen und Patienten auf Einsicht in ihre Patientenakte ist in § 630g Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Durch das vorgeschlagene Gesetz soll § 630g BGB neu gefasst werden. Insbesondere soll in der Vorschrift klargestellt werden, dass die erste Abschrift der Patientenakte unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, wenn eine Patientin oder ein Patient einen darauf gerichteten Anspruch geltend macht.

Durch die Neuregelung soll § 630g BGB in Einklang mit dem europäischen Recht gebracht werden. Der geltende § 630g BGB sieht bislang noch vor, dass die Patientinnen und Patienten die Kosten für die Erstellung der Kopie der Patientenakte tragen. Diese Regelung über die Kostentragung steht in einem Spannungsverhältnis zur Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die DSGVO gewährt einen Anspruch auf Erhalt einer ersten kostenlosen Kopie der gespeicherten personenbezogenen Daten gegenüber demjenigen, der datenschutzrechtlich für die Verarbeitung verantwortlich ist. Der EuGH hat am 26.10.2023 entschieden, dass Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit der ersten Kopie keine Abweichungen im nationalen Recht vorsehen dürfen (Urteil vom 26.10.2023, Rs.
C-307/22). Über dieses Urteil berichteten wir im letzten Newsletter des vergangenen Jahres.

Sie können den Gesetzentwurf hier abrufen.

Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 24.05.2024

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Veranstaltungen

Stammtisch für Betreuerinnen und Betreuer

Treffen Sie sich mit anderen Betreuungspersonen und Bevollmächtigten sowie den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern der Betreuungsvereine, tauschen Sie sich in ungezwungener Atmosphäre aus und profitieren Sie von den Erfahrungen anderer für Ihre Arbeit.

Von anderen hören und lernen, Erlebtes teilen und eine gute Zeit gemeinsam verbringen – unser Stammtisch findet in der Regel an jedem ersten Donnerstag im Monat statt.

Termin:               Donnerstag, 13.06., 04.07.2024, 18:00–20:00 Uhr
Ort:                       Achathotel Zum Schwan, Hauptstraße 25, 55743 Idar-Oberstein

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Hätten Sie es gewusst?

Dürfen Betreuerinnen oder Betreuer über den Umgang der betreuten Person entscheiden?

Das dürfen sie nur, wenn dieser Aufgabenbereich gerichtlich angeordnet wurde. Das ergibt sich aus § 1815 Abs. 2 Nr. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Zudem muss § 1834 Abs. 1 BGB erfüllt sein. Danach darf der Betreuer über den Umgang des Betreuten mit anderen Personen nur bestimmen, wenn die betreute Person dies wünscht oder ihr eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 1821 Abs. 3 Nr. 1 BGB droht. Den Wünschen der oder des Betreuten muss die Betreuungsperson nachkommen – es sein denn, dass die betreute Person diese Gefahr aufgrund der Krankheit oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann oder dies dem Betreuer nicht zuzumuten ist.

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Über Lob freuen wir uns, Kritik nehmen wir ernst!

AWO-Betreuungsverein für den Kreis Birkenfeld e.V.

Hauptstraße 531–533

55743 Idar-Oberstein
betreuungsverein@awo-birkenfeld.de

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